Ortsteilgeschichte der 6 Ortsteile Grävenwiesbachs
Seit der Kommunalreform in Hessen 1972 bilden die Mittelpunktgemeinde Grävenwiesbach sowie die Dörfer Heinzenberg, Hundstadt, Laubach, Mönstadt und Naunstadt die Großgemeinde Grävenwiesbach. Da die Ortsteile schon seit Jahrhunderten mit dem Mittelpunkt in kirchlicher und früher auch in gerichtlicher Hinsicht verbunden waren, entsprach dieser Zusammenschluss historischen Gegebenheiten.
Grävenwiesbach
Das gräfliche, dem Grafen von Weilnau zugehörige Wiesbach wird bereits am 27. September 1280 erstmals als "Wiesinbach" und "Wyesinbach" urkundlich erwähnt - es war damals nicht ungewöhnlich, die unterschiedlichen Schreibweisen eines Ortsnamens in einem Dokument zu verwenden -, aber erst 1388 "Grebenwießpach" genannt. Grävenwiesbach war schon zu dieser Zeit für mehrere Orte im Umkreis Kirchspiel und Gerichtsort für die niedere Gerichtsbarkeit. Hier wurde die Kirche besucht, wurden Ehepaare getraut und Kinder getauft; hier wurden von einem Schultheißen und Schöffen Käufe und Verkäufe protokolliert, Streitigkeiten geschlichtet und Testamente aufgesetzt. Von 1326 bis 1866 - mit einer Unterbrechung während des 30-jährigen Krieges - gehörte Grävenwiesbach zum Hoheitsgebiet der Grafen von Nassau-Weilburg (später Nassau-Saarbrücken). Am 26. April 1737 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt, die am 14. Dezember 1738 eingeweiht wurde und noch heute das Ortsbild prägt. 1806 entstand das Herzogtum Nassau, das in 28 Ämter aufgeteilt wurde. Eines davon war das Amt Usingen, zu dem Grävenwiesbach gehört. 1909 fuhr der erste Dampfzug auf der Strecke Usingen - Weilmünster im neuen Grävenwiesbacher Bahnhof ein. Durch den ab 1906 gebauten Tunnel führte eine weitere Strecke ab 1912 über Hasselborn bis Wetzlar. Dieser Tunnel diente während des 2. Weltkrieges als Produktionsstätte für die Rüstungsindustrie. Ein im Jahr 2000 gesetzter Gedenkstein erinnert an diese Zeit. Nach 1945 siedelten sich in Grävenwiesbach Industrieunternehmen an - der Ort wird zum "Ruhrgebiet des Usinger Landes". Heute gibt es im Ortsteil Grävenwiesbach noch ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, daneben aber auch zahlreiche Handwerks- und Gewerbebetriebe.
Wesentlichen Anteil am gemeindlichen Leben haben die Vereine, darunter der 1851 gegründete Gesangverein "Germania", die 1903 gegründete Freiwillige Feuerwehr und der 1908 gegründete Turn- und Spielverein.
Heinzenberg
Heinzenberg, vermutlich ist der Name abgeleitet von dem männlichen Vornamen "Heintze", wird 1355 erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort war Zollstation an der alten Handelsstraße von Limburg an den Main und gehörte vermutlich schon immer zum Gericht und Kirchspiel Grävenwiesbach. Neben dem eigentlichen Dorf gehörten auch die im Tal gelegene "Runkelsteiner Mühle" sowie die "Elendsmühle" (heute: Utenhof) zu Heinzenberg und belieferten auch die Umgebung mit Mehl.
Die Heinzenberger Kinder gingen lange Zeit nach Grävenwiesbach zur Schule. Im Jahre 1661 änderte sich dies jedoch durch einen Brief der Gemeinde an den Grafen Walrad in Usingen: Kinder waren auf dem Schulweg von Wölfen angefallen worden. So wurde noch im selben Jahr Heinzenberg (nach heutigem Kenntnisstand) zum ersten Dorf im Usinger Land, das einen eigenen Schulmeister besaß, ohne Kirchspieldorf zu sein. Der Ort entwickelte sich in der Folgezeit zu einem "Zentralschuldorf": Von 1685 bis 1889 besuchten auch Mönstädter Kinder die Heinzenberger Schule, von 1685 bis 1783 auch ein Teil der Kinder aus Laubach. Im Jahr 1827 wurde in Heinzenberg das erste eigene Schulhaus eines Ortes innerhalb des Kirchspiels Grävenwiesbach eingeweiht. Vorher fand der Unterricht im Wohnzimmer des Schulmeisters statt! 1893 wurde die erste Wasserleitung verlegt, vorher versorgten sich die Bewohner Heinzenbergs selbst mit Wasser aus eigenen Brunnen, die sich vielfach in den Kellern der Wohnhäuser befanden, oder aus den Laufbrunnen in den Ortsstraßen. Anfang des 19. Jahrhunderts war der Ort Feuerwehrstützpunkt. Von 1909 bis 1969 hielt die Eisenbahn auf ihrer Strecke von Usingen nach Weilmünster auch in Heinzenberg.
Hundstadt
Die Lage von Hundstadt - zusammen mit den Ortsteilen Mönstadt und Naunstadt bildet es einen Halbkreis um Grävenwiesbach - lässt darauf schließen, dass es sich um einen geplanten, von Grävenwiesbach ausgehenden Ausbauort handelt. Aus dem Namen kann man schließen, dass der Ort zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert entstanden ist. Dieser Zeit ist die Gründung der "statt-Orte" zuzuordnen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Hundstadt als "Hoenstad" 1410.
Im Jahr 1568 gab es in Hundstadt die meisten Pferde im Kirchspiel, was darauf schließen lässt, dass ein Fuhrunternehmen tätig war. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Straße von Limburg in die Wetterau zu dieser Zeit an dem Ort vorbeiführte. Mit seiner Schafzucht war Hundstadt im 17. Jahrhundert Zulieferer der Wollweberstadt Usingen. 1899 wurde eine Telegraphenbetriebsstelle eingerichtet. 1953 erhielt Hundstadt eine neue Schule, die bis 1972 besucht wurde.
Laubach
Der 1402 erstmals urkundlich erwähnte Ortsteil Laubach hat seinen Namen von dem den Ort durchfließenden Bach gleichen Namens. Der Bach war damals die Grenze zwischen dem Gebiet der Grafen von Nassau und demjenigen der Herren von Stockheim: der nördliche Teil von Laubach gehörte zum Kirchspiel und Gerichtsort Grävenwiesbach, der südliche zum Kirchspiel und Gerichtsort Merzhausen. Noch heute zeugen die Straßennamen "Kirchspieler Seite" und "Stockheimer Seite" von dieser Zeit. 1865 wurde das - heute unter Denkmalschutz stehende - erste Schulhaus gebaut.
Im Laubacher Bergwerk wurde bis während des Ersten Weltkrieges Kupfer, Blei, Zink und Eisen gefördert. Einer der ältesten Bäume des Usinger Landes, die mindestens 400 Jahre alte "Dicke Eich" am alten Weg steht heute noch in der Laubacher Gemarkung.
Mönstadt
Mönstadt, 300 m über NN gelegen, wird erstmals 1404 als "Miönstadt" erwähnt, 100 Jahre später hieß der Ort "Monschit". Mönstadt ist wie Hundstadt vermutlich ein geplanter Ausbauort zu Grävenwiesbach und gehörte schon immer zum Kirchspiel Grävenwiesbach Im 30-jährigen Krieg wurde Mönstadt fast völlig zerstört. Danach ernährte sich die Bevölkerung überwiegend von Landwirtschaft, es gab auch einige Handwerker wie z. B. Zimmerer, Maurer, Schmiede, Stellmacher und Schuster. Bis nach dem Ersten Weltkrieg gehört mit der Ernstemühle eine Ölmühle zu Mönstadt. Seit ca. 1950 geht jedoch die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe auch in Mönstadt kontinuierlich zurück. Die meisten Mönstädter arbeiten heute außerhalb des Ortes.
Nachdem die Kinder des Ortes über 200 Jahre lang in Heinzenberg unterrichtet wurden, erhielt Mönstadt 1889 eine eigene Schule, untergebracht zunächst im Rathaussaal. Erst 1911 wurde das eigene Schulgebäude eingeweiht. Seit die Schule 1967 wieder aufgelöst wurde, gehen die Mönstädter Grundschulkinder nach Grävenwiesbach. Auch dieser Ortsteil war eine Zeitlang (von 1909 bis 1969) auf der Strecke Usingen-Weilmünster per Zug erreichbar. Unterhalb Mönstadts wurde dazu eine Brücke über das Steinkertzbachtal errichtet. Seit einiger Zeit befindet sich das Archiv des Heimatvereins im Dorfgemeinschaftshaus Mönstadt (früher: altes Rathaus, Naunstadt).
Naunstadt
Naunstadt - wie Hundstadt und Mönstadt ein geplanter Ausbauort zu Grävenwiesbach - wird erstmals als "Nuvinstaide" (Neue Städte) erwähnt. Von 1570 - 1659 lag mit dem sogenannten "Kellerhof" der einzige gräfliche Lagerhof südlich des Steinkertzbaches in Naunstadt. Das heutige "alte Ortsbild" entstand nach dem Großbrand im April 1826. Eine eigene Schule erhielt Naunstadt 1841, zunächst im alten Rathaus, später in einem eigenen Schulgebäude. Seit 1967 besuchen auch die Naunstädter Kinder die Grundschule in Grävenwiesbach. Das alte Rathaus dient heute dem Vogelschutzverein und anderen ortsansässigen Vereinen als Treffpunkt. In Naunstadt finden sich Belege früherer Ansiedlungen: Östlich des Ortes fand man einen Urnenfriedhof, der einem Langobardenstamm zugerechnet wird; die markante Erhebung, der Pinnköppel, stammt aus germanischer oder keltischer Zeit.
Ortsteil-Wappen
Grävenwiesbach
Nach dem Gerichtssiegel von 1534; der Adler deutet auf Beziehungen zum Reich hin.
Heinzenberg
Ursprünglich ein Berg zwischen zwei Bäumen. Heutiges Wappen nach der Darstellung von 1859 in der Kirche verfälscht.
Hundstadt
Der Stern wurde - ohne besondere Beziehung zu dem Dorf - im Jahre 1816 von der Gemeinde gewünscht.
Laubach
Die Waage wurde auf Wunsch des Laubacher Schultheißen als Symbol der Gerechtigkeit 1817 in das Gemeindesiegel aufgenommen.
Mönstadt
Das Wappenbild stellte ursprünglich das Rathaus des Ortes dar. Man glaubte aber, darin eine Kirche zu sehen, so dass man das 1816 so geschaffene Gemeindesiegel bis heute beibehielt.
Naunstadt
Die Gemeinde hatte sich 1816 eine Nelke oder Grasblume als Siegelbild gewünscht. Seitdem ist die Nelke das Wappenbild des Dorfes.